„Ein Ballakrobat erster Güte“

Zu Weihnachten 1923 trat der ungarische Fußballmeister M.T.K. Budapest in Frankreich zu einem Freundschaftsspiel gegen die A.S. Strasbourg an. Der Berichterstatter von „Le Sport Alsacien“, einer lokalen Sportzeitung, zeigte sich vor allem von einem Spieler der Gäste beeindruckt: „Ein Ballakrobat erster Güte.“ „Klein, sehnig, unscheinbar, war er überhaupt nicht zu umspielen. Mit dem Ball selber schien er verwachsen zu ein.“

Wer hier so begeisterte, war der 22-jährige Mittelfeldspieler Henrik Nádler. Elf Jahre lang schnürte der 1901 in Budapest geborene Nádler ab 1919 die Fußballschuhe für den M.T.K. Es war eine überaus erfolgreiche Zeit: Mit seinem Verein feierte er sieben Meistertitel und zwei Pokalsiege. Für die ungarische Nationalmannschaft lief der technisch versierte Nádler insgesamt sieben Mal auf. Auch bei den Olympischen Spielen von 1924 in Paris gehörte „Pubi“, so sein Spitzname, zum Kader Ungarns. Er blieb jedoch ohne Einsatz. Zum Ende seiner Karriere lief er 1930 noch kurz für Hakoah Wien auf. Über sein Leben danach ist wenig bekannt. Mit seiner Frau, die er 1928 geheiratet hatte, wohnte er weiter in Budapest.

1944 besetzten deutsche Truppen Ungarn. Wann und wie Nádler, der aus einer jüdischen Familie stammte, in die Fänge der deutschen Besatzer gelangte, ist unklar. Vermutlich wurde er gegen Jahresende deportiert und in das Buchenwalder Außenlager in Ohrdruf verschleppt. Hier war er nur noch der Häftling 105.177. Als die SS im Februar 1945 kranke und ausgezehrte Häftlinge in das KZ Bergen-Belsen abschob, stand Henrik Nádlers Name auf der Liste. Wann genau der ehemalige Fußballstar dort starb, ist nicht bekannt.