Unmittelbar nach der Besetzung Ostdeutschlands durch die Rote Armee nahmen sowjetische Geheimdienstmitarbeiter aus dem Innenministerium (Volkskommissariat für Innere Angelegenheiten – NKWD) und der Armee (Spionageabwehr der Armee – Smersch) zahlreiche Deutsche fest, die sie als Gefahr für die Besatzungsherrschaft betrachteten.
Dies betraf vor allem ehemalige Funktionär:innen der NSDAP und Mitarbeiter:innen staatlicher Behörden oder der Polizei. Später verhaftete der sowjetische Geheimdienst auch Menschen, die sich feindlich gegenüber der sowjetischen Besatzungsmacht geäußert hatten oder von anderen denunziert worden waren. Viele verschwanden spurlos und wurden ohne Anklage oder Gerichtsverfahren interniert. Ihre Familien erfuhren nichts über ihren Verbleib
Unter Punkt 1 legte der Befehl fest, welche Personengruppen in die Speziallager einzuweisen waren. Vor allem betraf es „aktive Mitglieder“ der NSDAP, Funktionäre der Hitlerjugend, Mitarbeiter der Gestapo und leitende Beamte der Kommunalverwaltung.
Mit dem Vorrücken der Roten Armee 1945 richtete der sowjetische Geheimdienst zahlreiche provisorische Haftorte ein. Allein in Thüringen belief sich die Zahl auf ca. 70 nachweisbare Haftstätten. In ihnen wurden Personen teils willkürlich, teils wegen Verdacht auf Spionage, Gefährdung der Besatzungsmacht oder NS-Vergangenheit eingesperrt.
„Am 12. Oktober wurde ich dann von der deutschen Polizei geholt, ohne eine Grundangabe.“ Videointerview von Joachim Kretzschmar über die Umstände seiner Verhaftung in Altenburg, 28. Oktober 1996.
Festnahmen fanden nicht nur nachts, sondern teils auch tagsüber statt. Dabei arbeiteten die sowjetischen Geheimdienstbehörden mit der deutschen Polizei zusammen. Den Festgenommenen wurde nur selten ein Grund für ihre Inhaftierung genannt.
(Gedenkstätte Buchenwald)
„Ich habe in der dritten Nacht auch Namen angegeben.“ Videointerview mit Joachim Tasler über seine Verhörerfahrungen und die Hintergründe seiner Verhaftung, 25. September 1996.
Während der Verhöre war der sowjetische Geheimdienst vor allem interessiert an der Nennung von Namen und an Informationen über Organisationen, die eine Gefahr für die Besatzungsmacht darstellten.
(Gedenkstätte Buchenwald)
„Die Vernehmungen wurden immer nur nachts durchgeführt.“ Videointerview mit Joachim Tasler über seine Verhaftung und Verhörerfahrungen, 25. September 1996.
Manche Häftlinge wurden nur ein einziges Mal verhört, andere in mehreren Nächten – oft unter Gewaltanwendung. Geleitet wurden die Verhöre durch Vernehmungsoffiziere des NKWD in Begleitung von Wachpersonal. Meist war auch ein:e Dolmetscher:in anwesend. Verhöre wurden auf Russisch protokolliert und den Verhörten zur Unterschrift vorgelegt. Die unterschriebenen Verhörprotokolle galten für den sowjetischen Geheimdienst als Schuldeingeständnis
(Gedenkstätte Buchenwald)