1950 verurteilten DDR-Gerichte 3.324 Häftlinge aus den Speziallagern Buchenwald, Bautzen und Sachsenhausen in geheimen Schnellverfahren. Die Verfahren waren nicht rechtsstaatlich, die Angeklagten hatten keinen Rechtsbeistand.
Von April bis Juni 1950 fanden in der sächsischen Kleinstadt Waldheim Prozesse gegen ehemalige Internierte sowjetischer Speziallager statt. Karl Gertich, in der Hauptverwaltung der Volkspolizei zuständig für Haftsachen, plante den Ablauf und die Ergebnisse der Verfahren. Den Angeklagten wurde eine Beteiligung an NS-Verbrechen vorgeworfen. Es gab keine Unterscheidung zwischen aktiven Täter:innen und Mitläufer:innen. Die Strafkammern des Landgerichts Chemnitz verhängten langjährige Haftstrafen und 33 Todesurteile, meist unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Angesichts zahlreicher Proteste milderte die DDR einige Strafen ab. Zahlreiche Gefangene starben vor ihrer Entlassung.

„Der Zug hielt nach langer Fahrt. Die Türen wurden geöffnet, neben dem Zug standen [Volkspolizei]-Offiziere, die uns aus dem Zug halfen, weil wir unsere Glieder kaum rühren konnten. Ein Polizeiwagen brachte uns gruppenweise auf einen großen Hof, der von hohen alten Gebäuden umgeben war. Auf diesem Hof wurden wir durch ein langes Spalier von [Volkspolizisten] gejagt, die unter wüsten Beschimpfungen auf uns einschlugen und uns in ein Zellenhaus trieben. […]
Wir waren in kleinen Zellen zusammengedrängt, unter uns nicht wenige Tbc-Kranke. Nach und nach musste jeder von uns seinen Lebenslauf aufschreiben. [Volkspolizisten] verhörten uns und füllten lange Fragebogen aus, die zusammen mit dem sowjetischen Protokoll die formale Grundlage für unsere Verurteilung bildeten.“
Bericht von Ernst Herberg über die Ankunft in Waldheim, undatiert.
Ernst Herberg verbrachte zwei Jahre Haft im Zuchthaus Waldheim.
(Vereinigung der Opfer des Stalinismus e.V. (Hg.): Zwischen Waldheim und Workuta. Erlebnisse politischer Häftlinge 1945-1965, Bonn 1967)

Die Strafkammer des Landgerichts Chemnitz verurteilte Ernst Herberg am 17. Juni 1950 aufgrund seiner Tätigkeit als Kreispropagandaleiter zu 20 Jahren Zuchthaus. Er wurde amnestiert und am 7. Oktober 1952 entlassen.

Während der Waldheimer Prozesse wurden in diesem Gebäude sehr viele Häftlinge untergebracht. Die Zellen waren häufig überbelegt.

Die meisten Waldheimer Verfahren erfolgten unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ausnahmen bildeten einige Schauprozesse, in diesem Fall gegen den früheren Kriminalsekretär Alfred Schulz, dem vorgeworfen wurde, im Frühjahr 1945 17 ausländische Zwangsarbeiter:innen erschossen zu haben. Schulz wurde zu lebenslanger Haft verurteilt.

„[..] erstmal sind wir da mit Handschellen, obwohl es nur über die Straße rüber ging zum Gericht. Und dann, das war erst so behelfsmäßig wie ich noch weiß, ich war da in so einer Küche, musste ich warten. Und innerhalb von 15 Minuten war der ganze Zinnober vorbei. Ich weiß noch, wie die Glocken geläutet haben gerade, das war um 12 Uhr rum. Da saßen die drei Figuren da, die uns beurteilt haben. Da war ein Staatsanwalt, ein Schreiberling. Und da wurde dann die Anklageschrift verlesen. ‚Ja, haben sie noch was dazu zu sagen?‘ Naja, was soll ich jetzt zu sagen?‘ Naja, da wurden wir wieder rausgeführt. Kurz darauf kamen wir wieder rein und dann wurde das Urteil verlesen. Und dann wurde man nochmal gefragt, ob man was zu sagen hat. Da habe ich gebeten, mir doch die Jahre in Buchenwald mit anzurechnen. Und da wurde gesagt: ‚Nein, das geht nicht, das ist bei einer anderen, einer Fremdmacht gewesen.‘ Wie sie sich da ausgedrückt haben. ‚Das geht nicht. Das rechnet von Waldheim an, 15, nicht?‘ Ja, was soll ich dann dazu noch sagen? Aus, Schluss, weg, der Nächste.“
„Aus, Schluss, weg, der Nächste.“ Bericht des ehemaligen Buchenwalder Internierten Walther Glomp über seine Verurteilung in Waldheim, 7. Dezember 1996.
Glomp wurde wegen der Beschäftigung ausländischer Zwangsarbeiter in seinem Betrieb im Schnellverfahren zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. 1954 wurde er vorzeitig entlassen.
(Gedenkstätte Buchenwald)