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Kurt Ansin

Ein Sinto aus dem Lager Magdeburg Holzweg (3:32 Min.)

Aufnahme von Kurt Ansin
Kurt Ansin (1921–1984) im Magdeburger Lager Holzweg, um 1940. Foto: Rassenhygienische Forschungsstelle des Reichsgesundheitsamtes.

Transkription

Sprecher:in 1 Dieses Farbporträt – das erzählt schon der Gesichtsausdruck – ist nicht im Familienkreis entstanden. Es gehört zum Material der sogenannten „Rassenhygienischen Forschungsstelle“, abgelegt zusammen mit Abdrücken der rechten und der linken Hand und einem Vermessungsbogen. Selbsternannte „Zigeunerforscher“ nehmen es im Februar 1940 auf. Von der Magdeburger Polizei lassen sie sich dafür Sinti aus dem Zwangslager am „Holzweg“ vorführen. Erfassen und vermessen – die sich wissenschaftlich gebenden Rassisten sind Komplizen von Polizei und SS bei einer schon Jahre dauernden Verfolgung.

Sprecher:in 2 Auf den ersten Blick unterscheidet sich das Lager am Magdeburger „Holzweg “kaum von ähnlichen Lagern, die in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre bei größeren deutschen Städten entstehen. Der Volksmund verharmlost sie als „Zigeunerlager“. Sinti sind dort unter polizeiliche Aufsicht gestellt, müssen in Wohnwagen oder Bretterbuden hausen und werden vollständig aus dem städtischen Leben verbannt. Scheinbar existieren sie nur noch in den Karteien der Polizei und der Rassenforscher. In den amtlichen Phantasien, was mit ihnen geschehen soll, geht es um „wegbringen“ oder „verschwinden lassen“. 1938 erfasst die Kriminalpolizei alle erwachsenen Sinti des Magdeburger Lagers wie Kriminelle. Bald darauf, im Juni, greift sie willkürlich eine Anzahl von ihnen heraus und bringt sie nach Buchenwald.

Sprecher:in 1 Kurt Ansin ist unter den Verhafteten. Er ist 16, hat sieben Geschwister und arbeitet in der Landwirtschaft. Zusammen mit dem Vater bringt man ihn nach Buchenwald. Dort gehört er zu den jüngsten Häftlingen. Und sie sind die ersten, in deren Karteikarte „Zigeuner“ steht. Die SS mischt sie unter die Häftlingsgruppe „Arbeitsscheu Reich“. Tausende werden im Rahmen der gleichnamigen Polizeiaktion verhaftet. Die Polizei gibt das als „Säuberung“ aus, doch die SS braucht Arbeitskräfte zum Aufbau des Konzentrationslagers. Für Kurt Ansin und die anderen bedeutet es schwere Arbeit bei Ausschachtungen und auf den Baustellen. Der Vater kümmert sich um ihn. Im April 1939 wird Kurt Ansin in das Lager Holzweg entlassen. Sein Vater bleibt in Buchenwald und stirbt hier.

Sprecher:in 2 Für die Sintifamilien des Lagers am „Holzweg“ gehören Verhaftungen und Durchsuchungen zum Alltag. Auch Kurt Ansin wird wegen einer angeblichen Tätlichkeit nochmals in Haft genommen. Im März 1943 holen Kriminalbeamte ihn und seine gesamte Familie ab und deportieren sie nach Auschwitz-Birkenau. Dort hat die SS einen großen Lagerbereich abgegrenzt. Roma und Sinti aus ganz Europa drängt sie darin zusammen. Die meisten werden in den Gaskammern ermordet.

Sprecher:in 1 Die SS schickt Kurt Ansin mit einem Transport als Arbeitssklaven nach Buchenwald. Er überlebt die schwere Arbeit im Außenlager Ellrich. Als nach der Befreiung heimkehrt, trifft er nur noch seine Mutter an. Alle anderen Verwandten sind tot. Bei ihm hinterlässt die Lagerhaft schwere körperliche und seelische Verletzungen. Eine neue Familie aufzubauen, wird für ihn das Wichtigste. In Berlin heiratet er, hat schließlich 8 Kinder und 21 Enkel. Sie nennen ihn, wie er früher in seiner Familie genannt wurde: Seemann. Er wird nur 61 Jahre alt.


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