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Widerstand revisited. Neue Perspektiven auf Gegner:innen des Nationalsozialismus

20.03.2025 ‒ 21.03.2025, 09:00 AM‒16:00 PM

Workshop

Gedenkstätte Buchenwald

Deadline für Beiträge ist der 15.12.2024

30 Jahre nach den Debatten um die "roten Kapos" und die Auseinandersetzungen um DDR-Narrative vom "antifaschistischen Widerstandskampf" ist es an der Zeit, eine Neubewertung des Widerstandes im Nationalsozialismus vorzunehmen - ein Thema, um das es seit Ende der 1990er Jahre in der Geschichtswissenschaft wie auch in der Öffentlichkeit recht still geworden ist.

Neue Perspektiven auf das Thema sollen im März 2025 auf einem Workshop der Zeitschrift „Beiträge zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung“ in Kooperation mit der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora vorgestellt werden. Dazu werden Beiträger:innen gesucht.

Widerstand revisited. Neue Perspektiven auf Gegner:innen des Nationalsozialismus

Die Geschichte des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus ist seit den 1990er Jahren in der Geschichtswissenschaft und auch in der öffentlichen Aufmerksamkeit zu einem Randthema geworden. Bis in die 1980er Jahre sah das noch ganz anders aus. In Westdeutschland entwickelte man – dem gesellschaftspolitischen Aufbruch von 1968 folgend – einen breiteren Blick auf Formen und Akteur:innen des Widerstands gegen den Nationalsozialismus als zuvor. In der DDR wiederum stand bis zum Ende der antifaschistische Widerstandskampf im Zentrum der Geschichtserzählung über den Nationalsozialismus.
Das änderte sich nach der deutschen Vereinigung. Im Zuge einer zunehmenden Erinnerung an die verschiedenen Opfergruppen des Nationalsozialismus trat der vorherige Fokus auf Akteur:innen des Widerstands als Opfer in den Hintergrund. Dazu trugen auch die stärkere Hinwendung der Täterforschung und die Interpretation des Nationalsozialismus als Konsensdiktatur im Zuge der „Volksgemeinschafts“-Diskussion bei. Schließlich trugen die intensiven Auseinandersetzungen um die politische und historische Bewertung des „Antifaschismus“ in der DDR-Geschichtspolitik mit dazu bei, dass in manchen Bevölkerungskreisen und bis in die Wissenschaft und Gedenkstätten hinein der Widerstand in toto diskreditiert wurde.
Erst in den letzten Jahren gab es wieder Ansätze, sich dem Widerstand neu und aus unterschiedlichen Perspektiven zu nähern, etwa im Rahmen von Forschungen zu Frauen im Widerstand oder durch den Zusammenschluss von Nachkommen von Verfolgten unter dem Namen „Kinder des Widerstands“. Diese neuen Perspektiven sind auch bedeutsam, um Umdeutungen und Entkontextualisierungen des Widerstands gegen den Nationalsozialismus in der Gesellschaft entgegenzutreten, wie sie sich etwa während der Corona-Pandemie mit ahistorischen Gleichsetzungen der Schutzmaßnahmen mit der NS-Diktatur zeigten.
Eine Neubewertung des Widerstands vorzunehmen und zugleich die bisherige Forschung und ihre Rezeption kritisch gegen den Strich zu bürsten, ist Ziel des Workshops „Widerstand revisited“. Dafür werden Beiträger:innen gesucht.

Gewünschte Beiträge
Willkommen sind neue Forschungsperspektiven zur ganzen Bandbreite des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus und die deutsche Besatzungsherrschaft, insbesondere unter geschlechtsspezifischer Perspektive. Zu einer Neubewertung des Widerstandes gehört auch die Feststellung, dass Widerstand gegen den Nationalsozialismus vor allem von Nichtdeutschen geleistet wurde, inner- und außerhalb des Deutschen Reiches. Auch in anderen Staaten wurden Widerstandsbewegungen gegen die deutsche Besatzung nach 1945 erinnerungskulturell höchst unterschiedlich gewürdigt.
Besonderes Augenmerk soll dem Widerstand in den deutschen Lagern, insbesondere in den Konzentrationslagern, gewidmet werden. Dabei geht es sowohl um Formen und Praktiken widerständigen Verhaltens in den Lagern selbst als auch in der Zeit davor: Hunderttausende Männer und Frauen aus ganz Europa wurden als politische Häftlinge in Konzentrationslager deportiert, weil sie zuvor Widerstand gegen den Nationalsozialismus bzw. die deutsche Besatzung geleistet hatten; andere wurden in die Konzentrationslager eingewiesen, weil sie als zivile Zwangsarbeiter:innen gegen repressive Aufenthalts- und Arbeitsbedingungen verstoßen hatten. Ihre Geschichten sind bislang nur bruchstückhaft rezipiert worden.
Konkret ist in diesem Zusammenhang danach zu fragen, wie Gruppen und Einzelpersonen aus unterschiedlichen nationalen und weltanschaulichen Kontexten in den Lagern zusammenarbeiteten – oder auch unter sich blieben. Welche Verbindungen und Abgrenzungen gab es, und wie gingen sie mit tatsächlichen oder vermeintlichen Abweichler:innen um? Welche Rolle spielten Erfahrungen und Prägungen aus der Zeit vor der Verhaftung?
Auch das System der Funktionshäftlinge ist 30 Jahre nach der Debatte um die „roten Kapos“ neu zu betrachten – zumal u. a. die Bestände der Arolsen Archives nunmehr vollständig zugänglich sind, was in den 1990er Jahren noch nicht der Fall war. Es kann heute, mehr als 30 Jahre nach ihrem Ende, vielleicht unaufgeregter auf die DDR und ihre Geschichtsbilder geblickt werden.
Zudem soll die aktuelle Rezeption und Instrumentalisierung des Widerstandes durch heutige Rechtsextreme wie auch die Szene aus Pandemieleugner:innen und Putin-Anhänger:innen in den Blick genommen werden. Dabei spielt auch die Frage eine Rolle, inwieweit SED-Geschichtsbilder vom antifaschistischen Widerstand in heutigen antiwestlichen ostdeutschen Narrativen fortwirken und welche Rolle sie bei den Wahlerfolgen der rechtsextremen AfD spielen.
Schließlich sind Beiträge gewünscht, die sich definitorisch mit Begriffen bzw. Praktiken wie Resistenz, Opposition, Nonkonformität, Selbstbehauptung und Solidarität in Abgrenzung zum Widerstand auseinandersetzen. Begriffliche Klarheit kann helfen, diese Phänomene besser zu beschreiben – gerade angesichts der aktuellen politischen Debatte, in der zunehmend von schiefen historischen Analogien Gebrauch gemacht wird.

Wissenschaftler:innen, die beim Workshop zu einem der umrissenen Themenbereiche einen Beitrag leisten möchten, sind herzlich zur Teilnahme und Mitwirkung eingeladen. Es ist geplant, einzelne Vorträge des Workshops in Heft 7 der Zeitschrift „Beiträge zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung“ zu veröffentlichen, dessen Erscheinen für 2026 vorgesehen ist.
Die Vorträge sollen den Charakter von Impulsreferaten haben, an die sich jeweils eine Diskussion anschließt. Wir bitten alle Interessierten, uns bis spätestens 15. Dezember 2024 ein einseitiges Abstract ihres geplanten Vortrages (max. 600 Wörter) sowie eine Kurzbiografie an folgende E-Mail-Adresse zu senden: sekretariat@buchenwald.de.
Die Benachrichtigung der ausgewählten Referent:innen erfolgt bis zum 8. Januar 2025. Für Referent:innen werden die Reise- und Übernachtungskosten übernommen.

Kontakt

Prof. Dr. Jens-Christian Wagner
Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora
99427 Weimar-Buchenwald
Tel. 03643-430130
E-Mail: jwagner@buchenwald.de


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