Wie die meisten Häftlinge, muss auch der damals 53-jährige politische Häftling Conrad Finkelmeier seine ersten Wochen in Buchenwald im Herbst 1941 im berüchtigten Steinbruch arbeiten. Er erinnert sich:
„Das Kommando setzte sich in Bewegung, und marschierte in Fünferreihen und unter den Marschklängen einer Häftlingskapelle durch das Tor nach dem Steinbruch, der etwa eine
halbe Wegstunde vom eigentlichen Lager entfernt lag. Welch grausame Ironie, diesen Elendszug von Halbtoten, der sich vor Erschöpfung kaum noch auf den Beinen halten konnte, auf dem Wege zu schwerster Fronarbeit mit preußischer Marschmusik zu begleiten! […] Als wir abends unter den höhnenden Marschklängen der Lagerkapelle durch das Tor marschierten, meldete der Capo Herzog sieben Abgänge durch Tod. Und siebenundzwanzig Häftlinge am Schluss des Todeskommandos wurden auf Karren, auf Bahren oder durch Häftlinge gestützt ins Lager gebracht. […] Gleichgültig wurde die Todesmeldung gegeben, und gleichgültig wurde sie am Tor von den SS-Leuten entgegengenommen. Als ob es sich um Dachpappe oder Zement gehandelt hätte.“2
Auf die durchschnittlich zehn- bis elfstündige Arbeit in den verschiedenen Kommandos folgt jeden Tag der abendliche Zählappell. In den Anfangsjahren des Lagers dauert er oft Stunden, teilweise bis in die Nacht – eine zusätzliche Qual für die von der Zwangsarbeit, dem Hunger und der Gewalt gezeichneten Häftlinge.
2 Conrad Finkelmeier, Die braune Apokalypse. Erlebnisbericht eines ehemaligen
Redakteurs der Arbeiterpresse aus der Zeit der Nazityrannei, Weimar 1947, S. 77 ff.