
Der spanische Überlebende Jorge Semprún über die Besichtigung des Krematoriums durch die Weimarer Bevölkerung:
„Im Hof des Krematoriums sprach an jenem Tag ein amerikanischer Leutnant zu ein paar Dutzend deutschen Frauen, Heranwachsenden beiderlei Geschlechts und Greisen der Stadt Weimar. Die Frauen trugen Frühlingskleider in lebhaften Farben. Der Offizier sprach mit neutraler, unerbittlicher Stimme. Er erklärte, wie der Verbrennungsofen funktionierte, nannte die Sterbeziffern von Buchenwald. […] Die Frauen – zumindest viele von ihnen – konnten ihre Tränen nicht zurückhalten, flehten mit theatralischen Gebärden um Vergebung. Manche trieben die Willfährigkeit so weit, beinahe in Ohnmacht zu fallen. Die Heranwachsenden verschanzten sich in verzweifeltem Schweigen. Die Greise sahen anderswohin, wollten sichtlich nichts hören.“
Jorge Semprún, Schreiben oder Leben, Frankfurt / Main 1997.






Am 16. April 1945 mussten auf Befehl des Kommandeurs der III. U.S. Army, General George S. Patton, über 1.000 Männer und Frauen aus Weimar Buchenwald besichtigen. US-Soldaten und Überlebende führten sie durch das Lager und zeigten ihnen die Beweise für die Verbrechen. Ähnliche Konfrontationen gab es im befreiten Außenlager Ohrdruf bei Gotha und vielen anderen Tatorten. Wie in Weimar bestritten die Einheimischen zumeist reflexartig jede Mitwisserschaft und Verantwortung. Auf die Konfrontation folgte die Schuldabwehr.