Mitte 1944 befand sich mehr als die Hälfte aller Häftlinge des KZ Buchenwald in Außenlagern. Dieses weitverzweigte System erstreckte sich von Rhein und Ruhr im Westen bis zur Elbe im Osten und umfasste damit neun der heutigen Bundesländer – zeitweise sogar Standorte in Frankreich, Belgien und Polen. Es war ein Lagerkosmos, den die SS einzig für die Zwecke der Zwangsarbeit geschaffen hatte.
Charakteristisch für viele dieser Außenlager war die Improvisation. Werkhallen, Gaststätten, Schulgebäude, unterirdische Stollen oder Erdbunker wurden von der SS zu Haftstätten umfunktioniert. Die meisten Außenlager entstanden im oder am Rande von Städten und Dörfern.
Dr. Michael Löffelsender, der Leiter des Website-Projektes, betont: „Mit den Außenlagern wuchsen Konzentrationslager wie Buchenwald in der zweiten Kriegshälfte tief in die deutsche Gesellschaft hinein. Lager in der Nachbarschaft und die Begegnung mit Häftlingen gehörten für viele Deutsche nun zum Alltag – auch darauf möchte die Website hinweisen.“
Umfassender Überblick
Die Website bietet zu fast allen Außenlagern neu recherchierte historische Luftaufnahmen, ermöglicht deren exakte Lokalisierung und bietet grundlegende Informationen zu den Häftlingen vor Ort, den Lagerstrukturen, den Wachmannschaften, den unterschiedlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen und den heute noch sichtbaren Spuren und Gedenkenzeichen vor Ort. Hinzu kommen zahlreiche Dokumente und Berichte von Überlebenden.
Damit steht ein zentrales Recherche- und Vermittlungsinstrument für Wissenschaft, Bildung und Öffentlichkeit zur Verfügung. Interessierte, Lehrkräfte und Studierende können sich mit der Geschichte der Außenlager auseinandersetzen und weitere, eigene lokale Forschungen anstoßen.
Forschung, Bildung und Vernetzung
Erstmals bietet die Website einen wissenschaftlich fundierten Überblick über das System der Buchenwalder Außenlager und liefert zugleich zu jedem einzelnen Lager eine erste Orientierung. Sie ist Teil einer langfristigen Strategie der Stiftung Gedenkstätten, historische Bildungsarbeit im Digitalen auszubauen und Geschichte an ihren authentischen Orten erfahrbar zu machen – dort, wo Zwangsarbeit und Verfolgung zum Alltag gehörten. Denn: Buchenwald war nicht nur auf dem Ettersberg bei Weimar, sondern vielfach auch vor der eigenen Haustür.
Um die historische Bildungsarbeit vor Ort künftig noch gezielter zu unterstützen, stellte die Stiftung im September gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildung (LZT), dem Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien (ThILLM) sowie dem Förderverein Buchenwald e.V. auf einer Tagung in der Gedenkstätte Buchenwald neue Formen digitaler Bildungsarbeit an historischen Stätten vor.
Beispiele sind das von der Stiftung unterstützte Bildungsprojekt „Suspekt – Landschaft der Verbrechen“ (edu-suspekt.arolsen-archives.org), Audiowalks oder die Erprobung von digitalen Lernpfaden, um die Geschichte historischer Orte erlebbar zu machen.
Das Projekt
Die Website ist ein Projekt der Kustodie zur Geschichte des KZ Buchenwald der Gedenkstätte Buchenwald. Die Informationen zu den Außenlagern basieren auf den Forschungen der Gedenkstätte Buchenwald und – soweit vorhanden – auf der Auswertung der Forschungsliteratur.
Die Arbeiten an der Website werden in den kommenden Jahren fortgesetzt. Geplant sind englische und barrierearme Fassungen und die Einbindung weiterer digitaler Formate. Für Hinweise über weitere Fotos, Dokumente und Informationen ist die Gedenkstätte dankbar.