Paul Goyard (1886-1980) teilte das Anliegen vieler Überlebender der Konzentrationslager, über das am eigenen Leib Erfahrene zu berichten und wählte dafür die ihm auf den Leib zugeschnittene künstlerische und didaktische Form des musealen Dioramas. Für sein Diorama benutzte er hauptsächlich 5 Detailstudien aus dem Fundus seiner Lagerzeichnungen als Ausgangspunkt für den zeichnerischen Entwurf.
Geschützt durch die Zuteilung zu bestimmten Arbeitskommandos, konnte Paul Goyard auf Abfallpapier seine Wahrnehmungen des Lageralltags zeichnen. Diese Skizzen können als Erinnerungsstützen für die Anfertigung eines Dioramas betrachtet werden, das er nach seiner Befreiung und Rückkehr nach Paris mit Hilfe eines Freundes und ehemaligen Buchenwald-Häftlings,
Von anderen bekannten Lagermodellen unterscheidet sich Goyards Diorama durch Konzept und professionelle Ausführung: es zeigt einen Lagerausschnitt ausgehend von der Hanglage des Kleinen Lagers (Petit camp) und reichend bis zu den Häftlingsunterkünften im hangaufwärts gelegenen Lagerabschnitt, den die Häftlinge „Großes Lager“ (Grand camp) nannten. Nur die Entwurfszeichnungen, nicht das Diorama sind erhalten.
Zur Biografie
Paul Goyard wird am 28. Dezember 1886 in Digoin in der Bourgogne geboren und wächst in den bescheidenen Verhältnissen einer Schuhmacher-Familie auf. Aus dem Ersten Weltkrieg, den er als Frontkämpfer erlebt, kehrt er mit einer Knieverletzung zurück. Aus dem Graben und dem Lazarett sind frühe Zeichnungen überliefert. 1919 arbeitet er in Brüssel in einem Ausstattungsatelier, das Dekors für das Theater anfertigt, bis er nach einiger Zeit in Paris eine eigene Werkstatt für Theaterdekors einrichtet. Für Demonstrationen der kommunistischen Partei malt er Plakate und Spruchbänder. Dabei lernt er Künstlerkollegen wie Fernand Léger und Boris Taslitzky kennen.
Unter deutscher Besatzung unterstützt Paul Goyard die Résistance, er wird 1942 verhaftet und über Compiègne am 14. Mai 1944 in das KZ Buchenwald eingeliefert. Unter dem Schutz des Lagerwiderstandes wechselt er von der Zeltunterkunft in Block 57 des Kleinen Lagers nach Block 40 im Großen Lager. In einer Gruppe französischer und belgischer Künstler und Intellektueller, die sich sonntags in Block 34 treffen - darunter Julien Cain, Christian Pineau, Boris Taslitzky, José Fosty und René Salme - ist ihm Überleben möglich.
Nach der Befreiung findet Paul Goyard sein Pariser Atelier zerstört. Er mietet ein kleines Atelier und verwirklicht das Projekt eines Buchenwald-Dioramas mit Unterstützung Fostys. Zur Welt des Theaters findet er nicht mehr zurück. Paul Goyard stirbt am 1. März 1980 in Paris.
Paul Goyard vermachte José Fosty vor seinem Tod die im KZ Buchenwald entstandenen Skizzen. 1998 übergab Fosty 250 Zeichnungen Paul Goyards der Gedenkstätte Buchenwald. 2002 veröffentlichte die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora daraus 100 Zeichnungen.