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José Fosty - „Pendant l’alerte II“ (Während des Luftalarms II)

Die Radierung zeigt zusammengekauerte Menschen an den Esstischen einer Häftlingsbaracke, in gekrümmten Haltungen und viele mit dem Kopf auf die leeren Tische oder in die Hände gestützt. Im Hintergrund stehen Einige und schauen aus dem Fenster.
José Fosty: „Pendant l’alerte II“ (Während des Luftalarms II) (1985). Aquatintaradierung, Kunstsammlung der Stiftung Buchenwald und Mittelbau-Dora, Inv.Nr. VI 2137 G

Die Radierung „Während des Luftalarms II“ zeigt zusammengekauerte Menschen an den Esstischen einer Häftlingsbaracke, erschöpft und verzweifelt. Die Plätze an den langen Tischen sind vorgegeben, die Tischbesetzungen stehen unter der Aufsicht von Tischältesten, zuständig auch für die Verteilung der Hungerrationen. Jeder Gegenstand hat seinen Zweck und seine Bedeutung. Dargestellt ist die Situation des Luftalarms beim Nähern und Überfliegen alliierter Verbände - in den Wochen vor der Befreiung gewöhnlicher Alltag im Konzentrationslager: „Die Luftalarme sind häufiger, sie dauern immer länger, zwei Stunden und länger. Wird während der Arbeit Alarm ausgelöst, dann hören wir auf und werden möglichst schnell zum Block geführt. Man wartet auf das Signal für das Ende.“ (Dr. Georg Roos: „Buchenwald“, Éditions Médicis, 1945).

Es sind vierzig Jahre vergangen, als der Überlebende José Fosty in seiner visuellen Erzählung die Situation dieser Menschen beschreibt. Die Radierung gehört zu einem 1985 geschaffenen, aus 24 Aquatintaradierungen bestehenden Bildzyklus über das KZ Buchenwald - entstanden auch als Hommage an seinen Künstlerfreund Paul Goyard. Nach Goyards Tod im Jahre 1980 bewahrte Fosty dessen 1944/45 in Buchenwald angefertigte 250 Lagerzeichnungen und gestaltete die Radierungen seines Erzählzyklus „Les Dimanches à Buchenwald“ (Sonntage in Buchenwald) nach diesen Bleistiftskizzen. Für den Druck der Radierungen benutzte José Fosty eine Presse, die Goyard im Paris der Nachkriegszeit für gemeinsame künstlerische Unternehmungen aufgetrieben hatte, die aber durch Fostys Wegzug aus Paris nicht genutzt worden war. Nach Goyards Tod kam sie zu Fosty nach Visé, wo sie im Atelier-Schuppen im Garten des Künstlers auf ihre Inbetriebnahme wartete: auf die Gestaltung jenes Erzählzyklus, dem Gefährten aus der Lagerzeit, künstlerischen Mentor und Freund gewidmet - auf die späte Erinnerung an Buchenwald.

„... In dieser Welt, wo der Hunger, die Furcht, die Angst vor dem Tod vorherrschten, entstanden die Freundschaften in zwielichtiger Menge.“
José Fosty. In seiner Rede zur Eröffnung der ständigen Kunstausstellung in der Gedenkstätte Buchenwald, 1998

Zur Biografie

José Fosty wurde am 31. August 1919 in der Kleinstadt Dalhem in der Provinz Liège (Lüttich) im wallonischen Landesteil Belgiens geboren. Früh interessierte sich José Fosty für das Zeichnen und erhielt an der Hochschule in Saint-Luc bei Liège ersten Unterricht. 1939 wurde er zur Armee eingezogen. Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Belgien im Mai 1940 verwundet, kam Fosty in ein Hospital in Brüssel; dort konnte er zum ersten Mal eigene Arbeiten ausstellen. Noch gesundheitlich beeinträchtigt, beteiligte er sich in Brüssel am Widerstand gegen die deutsche Besatzung in der Gruppe „Service de Renseignements et Actions de la Résistance“.

Am 11. Oktober 1942 von der Gestapo verhaftet, war er für zwei Monate zunächst im Gefängnis von Saint-Gilles bei Brüssel und kam Ende 1942 nach Aachen. Von dort wurde er am 19. März 1943 in das KZ Buchenwald deportiert. Hier lernte er den französischen Theaterdekorateur Paul Goyard kennen, der seine menschliche und künstlerische Entwicklung zutiefst prägte. Zusammen mit einem ebenfalls nach Buchenwald verschleppten Studienkollegen aus Brüsseler Tagen unterstützte er Paul Goyard bei der Herstellung von Dekorationen für musikalische und literarische Häftlingszusammenkünfte an Sonntagnachmittagen. In den leidenschaftlichen Diskussionen mit Intellektuellen aller Richtungen und geistig-kultureller Horizonte – Franzosen und Belgiern – formten sich im Lager die künstlerischen Auffassungen des jungen Fosty weiter. Bei der Befreiung nahm er schließlich über 100 Skizzen, den Ertrag sonntäglicher Erkundungen des Schreckensortes, mit sich aus dem Lager; die Kunst war Überlebensmittel geworden.

Unmittelbar nach der Rückkehr aus dem Lager beteiligte sich José Fosty zunächst an den Entwürfen der Dekorationen für einen Film über die deutschen Konzentrationslager. Mit Goyard lebte und arbeitete er in Paris, bevor er 1949 nach Visé zurückkehrte. Dort wurde er Familienvater und konnte seine wachsende Familie mit zwei Töchtern über ein Jahrzehnt durch die Herstellung von Holzspielzeug ernähren. Als der Absatz seiner Produkte stagnierte, nahm er eine Brotbeschäftigung bei der Post auf, so dass er nachts Briefe sortierte, um tagsüber malen zu können. Doch erst nach seiner Pensionierung als Postangestellter erfüllte sich Fosty einen lange gehegten Traum: das im Lager geschaffene Oeuvre seines „père spirituel“ Goyard ausschnitthaft in der Öffentlichkeit vorzustellen. Im Alter von 95 Jahren verstarb José Fosty am 25. Mai 2015 in Oupeye.

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