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Wolfgang Schieweg

„Schlagt die HJ, wo ihr sie trefft.“ (3:55 Min.)

Portraitaufnahme von Wolfgang Schieweg
Wolfgang Schieweg (1919–1974), um 1950.

Transkription

Sprecher:in „Hundestart“ – „Texas“ – „Reeperbahn“. Schon die Namen der Leipziger Jugendcliquen zeigen ihre Ablehnung gegen verstaubte Konventionen und vor allem gegen den Nationalsozialismus. Sie lehnen es ab, im Gleichschritt der HJ, der Hitlerjugend, zu laufen. Diese Jugendlichen aus den Arbeitervierteln werden als die „Leipziger Meuten“ bekannt. Durch ihren Kleidungsstil, die Meuten-Kluft wollen sie auffallen. Rolf Franz von der Meute Reeperbahn erzählt:

Rolf Franz „Das Gefühl der Zusammengehörigkeit resultierte aus der gemeinsamen Kontra-Haltung – um es ‚sanft‘ auszudrücken – gegenüber allem, was von den Nazis kam und mit ihnen zusammenhing. Sichtbarer Ausdruck dessen war unsere Kleidung. Von den Jungen wurde bevorzugt getragen: Lederhosen, Bundschuhe, weiße Kniestrümpfe oder Socken sowie karierte Hemden, welche einen möglichst hohen Rot-Anteil hatten.“

Sprecher:in Wolfgang und Rudolf Schieweg gehören zu den führenden Köpfen von „Reeperbahn“. Die Meute trifft sich im Stadtteil vor Eisdielen und Kinos, wandert oder fährt mit den Fahrrädern in die Natur. Einige tragen rote Halstücher, die ihnen immer wieder weggenommen werden. Bei Heimabenden, die die Schieweg-Brüder veranstalten, hört man den verbotenen Moskauer Rundfunk und Jazz-Musik. Wolfgang Schieweg fertigt Messinganstecker mit dem Buchstaben BJ. Es steht für Bündische Jugend und damit ganz offen gegen das HJ der Staats-Jugend. Trotzig heißt es in einem Leipziger Meuten-Lied:

Und wollt ihr uns bekämpfen

B.J. wird bestehen!

Und wollt ihr uns unterdrücken

B.J. wird nicht untergehen!

Die Meuten werden bekämpft, ihr Verhalten als staatsfeindlich verfolgt. Im Vorkriegsjahr 1938 verstärkt die Gestapo die Überwachung. Verhaftungen setzen ein. Den Jugendlichen wird vorgeworfen, sich staatsfeindlich zu betätigen. Gegen 90 Jugendliche werden Prozesse wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ geführt. Da die meisten Verurteilten noch nicht volljährig sind, werden sie in einem stadteigenen Jugend- und Erziehungsheim in Mittweide untergebracht. Die Volljährigen werden mit Zuchthaus bestraft. Einige weist die Kriminalpolizei später aus den Zuchthäusern direkt ins Konzentrationslager ein.

Wolfgang Schieweg wird Mitte Juni 1939 festgenommen. Der Staatsanwalt wirft ihm vor, gemeinsam mit seinem Bruder und zwei anderen Jugendlichen regelmäßig Radio Moskau gehört zu haben. Außerdem soll er als Anführer der „Meute Reeperbahn“ dazu aufgerufen haben, sich mit HJ-Mitgliedern zu prügeln. Das Oberlandesgericht Dresden verurteilt ihn zu drei Jahren und drei Monaten Haft im Zuchthaus Waldheim. Sein Bruder Rudolf bekommt ebenfalls eine Haftstrafe. Ende 1941 entlassen, wird er zur Wehrmacht eingezogen und in ein Strafbataillon versetzt. Dort kommt er 1944 ums Leben.

Wolfgang Schieweg wird nach der Verbüßung der Haft im Herbst 1942 direkt in „Schutzhaft“ genommen und ins KZ Buchenwald eingewiesen. Hier rettet ihn vor allem sein Beruf. Als Werkzeugschlosser wird er im Rüstungswerk neben dem Lager gebraucht, steigt zum Vorarbeiter auf, wird dann aber wegen angeblicher Unterschlagung in das Außenlager Schönebeck verlegt. Bis Kriegsende schuftet er dort als KZ-Häftling für die Flugzeugfirma Junckers. Bei der Räumung des Lagers gelingt ihm Ende April 1945 die Flucht. Er kehrt nach Leipzig zurück. Bis zu seinem frühen Tod erlebt er nicht mehr, dass sein Handeln und die Opposition der Leipziger Meuten als Widerstand anerkannt werden.


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