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Wilhelm Billotin

Von der Justiz ausgeliefert zur „Vernichtung durch Arbeit“ (3:35 Min.)

Portraitaufnahme von Wilhelm Billotin
Wilhelm Billotin (1890–1943), 1939. Foto: Erkennungsdienst der Kriminalpolizei Köln.

Transkription

Sprecher:in „Zuchthaus und Sicherungsverwahrung für einen Volksschädling“ – so die Schlagzeile des Kölner Stadtanzeigers am 14. Dezember 1941. Zwei Tage zuvor hat das Sondergericht Köln den 51-jährigen Wilhelm Billotin verurteilt. Für zehn Jahre soll er in ein Zuchthaus und anschließend so lange in einer Strafanstalt eingesperrt bleiben bis er sich „gebessert“ hat – wie es heißt.

Doch Billotin stirbt rund 18 Monate später im KZ Buchenwald. Wie konnte es dazu kommen?

Wilhelm Billotin ist bereits wiederholt mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Er stammt aus einer Großfamilie und hat keine richtige Berufsausbildung. Vier Jahre dient er als Soldat im ersten Weltkrieg, aus dem er mit einer Verwundung zurückkehrt. Er heiratet, bekommt einen Sohn – die Ehe scheitert.

Im Köln der 1920er Jahre gelingt es ihm nicht, Fuß zu fassen. Er schlägt sich als ungelernter Arbeiter durch, ist häufig arbeitslos, stiehlt Fahrräder, Motorräder und anderes, wird mehrfach gestellt und verurteilt. Der Polizei und Justiz gilt er schon bald als „gewohnheitsmäßiger Dieb“. 1937 wird er deshalb für einige Monate im Konzentrationslager inhaftiert.

Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs verschärft die Justiz die Verfolgung von Diebstählen drastisch. Selbst Kleinkriminelle werden nun zur Bedrohung der Allgemeinheit, zu „Volksschädlingen“ erklärt und hart bestraft. Auch Wilhelm Billotin wird dies zum Verhängnis.

Ende 1941 steht er in Köln wegen kleinerer Erpressungen und wegen Betrugs erneut vor Gericht. Ohne weiteres machen die Richter von den verschärften Strafmöglichkeiten Gebrauch. Billotins Fall wird zum öffentlichen Prozess, zur Drohung an die Kriegsgesellschaft. So wird aus dem Dieb ein „gefährlicher Gewohnheitsverbrecher“, der dauerhaft weggesperrt werden muss. Die Möglichkeit, irgendwann wieder in Freiheit zu gelangen, ist gering.

Wilhelm Billotin ist nun einer von über 10.000 „Sicherungsverwahrten“, die für immer in Strafanstalten bleiben sollen. Der NS-Führung geht dies jedoch nicht weit genug. Mitte 1942 gibt Hitler dem neuen Reichsjustizminister Thierack den Befehl, Männer wie Billotin in die Konzentrationslager zu überstellen. Dort sollen sie durch Zwangsarbeit „vernichtet“ werden, wie es in der Vereinbarung mit der SS heißt.

Ende 1942 beginnt die Auslieferung der „Sicherungsverwahrten“ an die Konzentrationslager. Wilhelm Billotin gehört zu den ersten, die Ende Dezember 1942 aus dem Zuchthaus Waldheim nach Buchenwald deportiert werden. Rund 2.300 weitere „SVer“ – wie sie im Lagerjargon heißen – folgen ihnen bis Ende 1944. Im Lager werden sie mit einem grünen Winkel und einem „S“ gekennzeichnet.

In Buchenwald teilt die SS die „Sicherungsverwahrten“ in die schwersten Arbeitskommandos ein. Viele Männer sterben bereits nach kurzer Zeit. Auch Wilhelm Billotin überlebt nicht einmal 200 Tage. Zu welcher Zwangsarbeit er im Lager eingesetzt wird, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Belegt ist sein Tod. Am 22. Juli 1943 stirbt er im Häftlingskrankenbau: „Akute Kreislaufschwäche“.


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