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Rolf Grashey

„Auf der Flucht erschossen“ (4:11 Min.)

Portraitaufnahme von Rolf Grashey
Rolf Grashey (1903–1937), 1936.

Transkription

Franz Ehrlich „Er glaubte die Schande, dass er im Konzentrationslager sei, seiner Familie nicht zufügen zu können und wollte deshalb Selbstmord begehen. Da ich ihn davon nicht abbringen konnte, überzeugte ich ihn, daß er im Interesse der Häftlinge nicht Selbstmord begehen, sondern sich von der SS abschießen lassen soll. Im September '37 wurden in Buchenwald täglich, innerhalb der Postenkette, natürlich ‚auf der Flucht‘, Häftlinge abgeschossen. […] Ich überzeugte Dr. Grashey davon, dass sein Vater, als Arzt, an eine Flucht sicher nicht glaubt und die Obduktion der Leiche verlangen wird.“

Sprecher:in  An Rolf Grashey erinnert sich der Architekt Franz Ehrlich sehr lebhaft, und das, obwohl ihre Bekanntschaft nur wenige Tage, wenn nicht gar Stunden dauert. Am 2. September 1937 stehen sie zusammen auf einem LKW, der sie vom Weimarer Bahnhof abgeholt hat. Ziel ist das Konzentrationslager auf dem Ettersberg. Wenige Tage später lebt Rolf Grashey nicht mehr. Er ist der erste homosexuelle Häftling, der in Buchenwald ermordet wird.

Rolf Grashey stammt aus einer konservativen bayerischen Medizinerfamilie; sein Vater ist Universitätsprofessor und ein bekannter Röntgenarzt. Gegen den Willen der Familie schlägt Rolf eine andere Laufbahn ein: er studiert Germanistik und Theaterwissenschaft und schreibt Anfang der dreißiger Jahre eine Doktorarbeit zur Münchner Theatergeschichte. Seine Liebe gehört den Sprachen und der Literatur. Er unterrichtet Slawistik und übersetzt mehrere Werke aus dem Russischen. Die Texte erscheinen in der Zeitschrift „Simplicissimus“ – ebenso wie seine eigene Gedichte.

1935 erhält Rolf Grashey erstmals Besuch von der Polizei, die seine Wohnung durchsucht – angeblich nach politischem Material. Tatsächlich aber bringt ihn seine Bekanntschaft mit Richard Billinger, einem Schriftsteller, ins Visier der Ermittler. Dieser steht wegen seiner Homosexualität vor Gericht.

Im Verhör gesteht auch Rolf Grashey auf Drängen der Beamten homosexuelle Beziehungen. Obwohl der Prozess schließlich mit einem Freispruch für Billinger endet, ist Rolf Grashey nun aktenkundig, seine Homosexualität der Gestapo bekannt.

Die Nationalsozialisten zerstören gezielt die Homosexuellenkultur, die noch in den zwanziger Jahren eine Hochzeit erlebt hatte. In Lokalen und Cafés kommt es immer wieder zu Razzien und Verhaftungen. Der § 175 des Strafgesetzbuches, das Gesetz gegen die sogenannte „widernatürliche Unzucht“ wird verschärft. Schon Streicheln und Küssen können nun zu einer Verurteilung führen.

In Thüringen ermittelt die Gestapo 1937 gegen den Direktor des Altenburger Lindenau-Museums. Jede Befragung seiner Bekanntschaften führt zu neuen Verdächtigungen und weiteren Anklagen. Viele Intellektuelle und Angehörige des Kulturbürgertums sind betroffen.

Auch Rolf Grashey gerät nun wieder ins Blickfeld. Ein Kontakt in Weimar wird ihm zum Verhängnis. Dort hatte er einen Stabsgefreiten kennengelernt, der nun ihre Zusammenkunft verrät.

Rolf Grashey wird in München festgenommen und Anfang September 1937 in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht. Nach nur zwei Tagen wird bei der Zwangsarbeit erschossen – „auf der Flucht“, wie es die SS nennt.

Sein Vater aber verlangt tatsächlich die Obduktion der Leiche. Das Ergebnis ist eindeutig: Der Schuss, der seinen Sohn tötete, erfolgte aus kurzer Distanz. Ein Fluchtversuch ist damit ausgeschlossen. Für eine sehr kurze Zeit ist es den Wachmannschaften daraufhin verboten, innerhalb der Postenkette auf Häftlinge zu schießen.


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