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Martin Wolff

Haftgrund: Besitz eines Fahrrades (4:22 Min.)

Portraitaufnahme von Martin Wolff
Martin Wolff (1894–1942), um 1939.

Transkription

Karoline Wolff An das KZ Weimar-Buchenwald. Hierdurch frage ich höflichst an, ob es mir gestattet wird, meinem Mann, dem Schutzhäftling Wolff Martin Israel, Nummer 6378, Block 16 (Kriegsinvalide), Bandage und Strümpfe für sein verletztes Bein zu senden. Ergebenst, Karoline Sara Wolff.

Sprecher:in Als der Brief am 17. März 1942 im Lager eingeht, ist Karoline Wolffs Mann bereits tot. Auf dem Briefumschlag ist vermerkt: „12.3.1942, überführt“.

Martin Wolff wächst in Ostfriesland auf und arbeitet als Viehhändler. 1934 zieht er mit seiner Frau und den fünf Kindern in ein Gut bei Aurich. Einige Jahre betreiben sie dort ein Ferienheim für jüdische Kinder aus Großstädten. Schon im Vorfeld der Novemberpogrome 1938 muss ihnen der Gutsverwalter die Kündigung aussprechen. Anwohner hatten sich über die Familie beschwert. Auf Weisung der Gestapo müssen die Wolffs 1940 schließlich Aurich verlassen, da Ostfriesland „judenrein“ sein soll. Den Töchtern Rösel und Hildegard gelingt die Auswanderung. Die jüngeren Söhne Wolfgang und Selly kommen in ein jüdisches Waisenhaus. Hannelore, die dritte Tochter, wird nach Berlin geschickt. Die Eltern ziehen zu Karolines Mutter nach Weimar.

Dort werden Juden bald gezwungen, ihre Häuser und Wohnungen zu verlassen und in eines der ausgewiesenen „Judenhäuser“ zu ziehen. Am Brühl Nr. 6 leben sie nun auf engstem Raum. Martin Wolff leistet Zwangsarbeit. Seine Tochter Hannelore erinnert sich:

Hannelore Wolff Ich besitze ein Bild von ihm, das ich nach dem Krieg erhalten habe. Er sieht da sehr schlecht aus. Er war im Ersten Weltkrieg verwundet worden und hinkte. Ein Fuß war kürzer als der andere und im Knie noch Kugelreste.

Sprecher:in Später wird Martin Wolff einem Kartoffelhändler zugewiesen. Da es Juden inzwischen verboten ist, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, legt er den langen Arbeitsweg mit dem Fahrrad zurück.

Seit Herbst 1941 müssen Juden für alle sichtbar einen gelben Stern an ihrer Kleidung tragen. Beinah jedes „Vergehen“ kann nun Anlass für Denunziationen und willkürliche Verhaftungen sein. Mitte Januar 1942 verhaftet die Gestapo Martin Wolff in Weimar auf offener Straße.  Der Grund: „Unwahre Angaben über den meldepflichtigen Besitz eines Fahrrades.“ Eine Woche später wird er in das KZ Buchenwald verschleppt. Anfang März schreibt ihm Hannelore:

Hannelore Wolff Mein lieber Papa, hoffentlich bist Du so gesund wie ich es bin. Über Deinen lieben Brief haben wir uns sehr gefreut. Bleibe stark und gesund und sei herzinnig gegrüßt und geküsst von Deiner Tochter Hannelore.

Sprecher:in Auch diese Zeilen erreichen ihn nicht mehr. Am 12. März lässt die SS Martin Wolff mit anderen jüdischen sowie „behinderten“ Häftlingen in die „Landesheil- und Pflegeanstalt“ Bernburg bringen und in einer Gaskammer ersticken. Wenige Tage nach dem Mord bekommt Karoline Wolff einen Brief aus Buchenwald: Ihr Mann sei aus unbekannten Gründen verstorben.

Im April erhalten Karoline Wolff und die Söhne einen Deportationsbescheid. Hannelore meldet sich freiwillig, um bei ihrer Familie zu bleiben. Die Mutter und die Brüder sterben nach der Ankunft in Lublin. Hannelore gelingt es, auf die Liste Oskar Schindlers gesetzt zu werden; sie überlebt.

Der Verbleib der Angehörigen ist noch Jahre später ein Rätsel. Als sich Hannelores Schwester Hildegard 1956 beim Internationalen Suchdienst nach ihren Eltern und den Brüdern erkundigt, wird ihr nur der Tod des Vaters mitgeteilt. Zu anderen Familienmitgliedern seien keine Angaben vorhanden.


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