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Jindřich Waldes

Ein tschechischer Unternehmer erpresst und enteignet (4:18 Min.)

Portraitaufnahme von Jindrich Waldes
Jindrich Waldes, 1912. Foto: Atelier Langhans, Prag.

Transkription

Sprecher:in Seit der Jahrhundertwende ist Jindřich Waldes, Mitbegründer der Firma „Waldes & Co“ in Prag, ein erfolgreicher Industrieller. Im Unternehmen hat man sich auf die Herstellung von Verschlüssen für die Bekleidungsindustrie spezialisiert und ein Verfahren zur maschinellen Fertigung von Druckknöpfen entwickelt, das deren Produktion revolutioniert. Neue Fabriken entstehen in Dresden, Paris, London, Barcelona und New York. Waldes nennt diesen Druckknopf „Koh-i-noor“ – nach dem angeblich größten Diamanten der Welt. Waldes, ein leidenschaftlicher Kunstsammler, lässt das Firmenlogo vom tschechischen Maler František Kupka entwerfen. Zudem eröffnet er in Prag ein Museum für Knöpfe und Sicherheitsnadeln.

Im Frühjahr 1939 besetzen deutsche Truppen die Tschechoslowakei und errichten das „Protektorat Böhmen und Mähren“. Sofort beginnen die Nationalsozialisten damit, die Industriebetriebe in ihre Gewalt zu bringen, um sie in die Kriegsvorbereitungen einzubeziehen. Jindřich Waldes ist Jude und erkennt früh die Gefahr für sich und seine Angehörigen. Bereits 1938 sorgt er für die Emigration seiner Familie nach New York. Er selbst aber bleibt in Prag, um sich um sein Unternehmen kümmern zu können.

Ende Juni 1939 gerät auch die Firma „Waldes & Co“ in den Focus der nationalsozialistischen „Arisierungspolitik“. Wahrscheinlich wird der patentierte Druckknopf „Koh-i-noor“ als sehr nützlich für die Herstellung von Uniformen der Wehrmacht angesehen. Das Reichswirtschaftsministerium setzt einen nichtjüdischen Treuhänder als Geschäftsführer von „Waldes & Co“ ein und nimmt Jindřich Waldes damit praktisch die Kontrolle über sein Unternehmen.

Am Tag des Kriegsbeginns verhaftet die Gestapo Jindřich Waldes. Er gehört zu den 3.000 Angehörigen der tschechoslowakischen Führungsschicht, die im Rahmen einer Verhaftungswelle in die Konzentrationslager verschleppt werden. Ende September 1939 werden 700 von ihnen aus Dachau nach Buchenwald gebracht und als so genannte „Protektoratshäftlinge“ registriert. Einige erhalten bis 1942 eine Sonderstellung und müssen im Lager nicht arbeiten.

Jindřich Waldes erleidet kurz nach der Verhaftung einen Diabetes-Kollaps und wird in den Häftlingskrankenbau verlegt. Die Lagerleitung erlaubt ihm, sich von dem nichtjüdischen Weimarer Anwalt Hans Stück vertreten zu lassen. Er wird zur Kontaktperson von Waldes‘ Angehörigen und soll dabei helfen, die Freilassung aus dem KZ und die Emigration in die USA zu erreichen. Die Nazis fordern dafür von der Familie Waldes 1 Million US-Dollar.

Im April 1940 verlegt die SS Jindřich Waldes mit Zustimmung des Reichswirtschaftsministeriums zur „Hafterleichterung“ in die Psychiatrische Klinik nach Jena. Als Gegenleistung muss er aus seinem Privatvermögen immer wieder hohe Geldbeträge, getarnt als „Spende“, an das KZ Buchenwald überweisen. Ein Teil davon soll angeblich für medizinische Instrumente und einen neuen Operationssaal im Häftlingskrankenbau verwendet werden.

Ende Januar 1941 kommt es zu einer Besprechung im Reichswirtschaftsministerium. Jindřich Waldes kann sich für 250.000 US-Dollar, umgerechnet etwa 1 Million Reichsmark, freikaufen. Zusätzlich muss er auf sein Vermögen, seine Fabriken in Europa und auf alle Patentrechte verzichten. Erst nachdem diese Vereinbarung beurkundet ist, wird er Anfang Juni 1941 aus der Haft entlassen und nach Lissabon gebracht. Dort in Portugal findet die Geldübergabe statt und Jindřich Waldes darf mit einem Schiff Europa in Richtung Amerika verlassen. Sein Gesundheitszustand ist zu diesem Zeitpunkt bereits sehr schlecht. Bei einem Zwischenstopp auf Kuba verstirbt er kurz nach der Ankunft in Havanna.


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