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Gilberto Salmoni

Der letzte Transport aus Fossoli (4:02 Min.)

Portraitaufnahme von Gilberto Salmoni
Gilberto Salmoni (1928), 2018. Foto: Thomas Müller.

Transkription

Sprecher:in Bei der Räumung des Durchgangslagers Fossoli im Norden Italiens wird die Familie im August 1944 für immer getrennt: Gilberto Salmoni kommt zusammen mit seinem älteren Bruder Renato in das KZ Buchenwald; Vater, Mutter und Schwester verschleppt die SS nach Auschwitz.

Verantwortlich ist SS-Sturmbannführer Friedrich Boßhammer, „Judenreferent“ der Sicherheitspolizei in Verona. Kurz bevor die SS Fossoli wegen der Frontlage endgültig aufgibt, lässt Boßhammer – aus eigener Initiative und entgegen einer Vereinbarung mit der italienischen Regierung – auch noch Diejenigen fortschaffen, die bisher verschont worden sind: in Mischehen lebende Juden und sogenannte „jüdische Mischlinge“.

Gilberto Salmoni aus Genua gilt den Nationalsozialisten als „Mischling 1. Grades“; seine Mutter ist griechischer Herkunft, sein Vater italienischer Jude. Im Alltag der Familie spielt dies jedoch kaum eine Rolle. Und auch im italienischen Faschismus unter Benito Mussolini, der schon seit 1922 das Land regiert, ist es lange Zeit kaum von Bedeutung, ob jemand Jude ist oder nicht. Zwar gibt es auch in Italien Antisemitismus, aber für die italienischen Faschisten hat die Judenfeindschaft nicht die gleiche Bedeutung wie für die deutschen Nationalsozialisten. So tritt Gilberto in der Grundschule wie fast alle Klassenkameraden in die faschistische Jugendorganisation „Balilla“ ein – ein Vorbild der Hitlerjugend.

1938 änderte sich alles. Italien gibt dem Druck des verbündeten Nazi-Deutschland nach und erlässt – dem Muster der Nürnberger Gesetze folgend – antijüdische Rassengesetze: Juden müssen den Öffentlichen Dienst verlassen, dürfen nur noch über geringen Grundbesitz verfügen oder nur noch kleine Firmen leiten.

Gilbertos Vater verliert seinen Posten bei einer Landwirtschaftsbehörde; der ältere Bruder Renato, der bereits ein Medizinstudium abgeschlossen hat, erhält keine Anstellung in der Klinik; Gilberto selbst muss von der staatlichen Schule zu einer privaten wechseln. Weitere diskriminierende Gesetze folgen. Die Lebensverhältnisse der Salmonis verschlechtern sich zusehends; die Familie zieht aufs Land.

1943, nach dem Sturz Mussolinis, besetzten die Deutschen Italien und beginnen bald darauf, die italienischen Juden zu deportieren. Im Frühjahr 1944 versuchen die Salmonis, in die Schweiz zu fliehen; an der Grenze verhaftet, sperrt man sie ins Durchgangslager Fossoli in der norditalienischen Provinz Modena. Von hier verschleppt die SS mehrere tausend politische und jüdische Gefangene in Konzentrations- oder Vernichtungslager.

Gilberto ist 16 Jahre alt, als er nach Buchenwald kommt. Anfangs ist er mit seinem Bruder beim Gleisbau eingesetzt. Auch weil sie nach einer Weile in leichtere Arbeitskommandos gelangen, überleben die beiden. Im Juni 1945 kehren sie nach Genua zurück, in die Wohnung der Familie – doch ihre Schwester Dora, Mutter Vittorina und Vater Gino Salmoni sind in Auschwitz ermordet worden.

Gilberto macht den Schulabschluss, studiert und arbeitet 30 Jahre als Ingenieur in einem Stahlkonzern. Im Alter von 55 Jahren sattelt er noch einmal um, studiert erneut und wird Psychologe. Er hat jahrzehntelang über die Zeit der Verfolgung und Inhaftierung geschwiegen; doch seit Ende der 1990er Jahre engagiert sich Gilberto Salmoni im Verband der italienischen Überlebenden.


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