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Franz Leitner

„Für die Kinder war die Solidarität besonders groß.“ (3:55 Min.)

Portraitaufnahme von Franz Leitner
Franz Leitner (1918-2005), um 1965.

Transkription

Franz Leitner „Und ich hab‘ oft, so irgendwie, die einzelnen gefragt, wo ihre Eltern sind, was mit ihnen geschehen ist. Da haben sie, so, sehr trocken gesagt, dass ihre Eltern beim Bomben, bei Bomben umgekommen sind, dass sie erschossen wurden, dass sie in anderen KZs sind.

Und ich habe, während meiner Zeit, wo ich war, diese Kinder, nicht nur die Jugendlichen, nie einen weinen gesehen. Die waren, sozusagen, diese Verhältnisse irgendwie schon in ihren jungen Jahren gewohnt.“

Sprecher:in Der Österreicher Franz Leitner ist Blockältester im Block 8 des Hauptlagers von Buchenwald. In seinem Block sind vor allem Minderjährige untergebracht. Politischen Häftlingen ist es gelungen, hier eine Art Schutzraum einzurichten. Die meisten der Kinder und Jugendliche, die 1944/45 nach Buchenwald verschleppt werden, haben schon mehrere Stationen in Ghettos, Arbeits- oder Vernichtungslagern hinter sich; sie haben Furchtbares durchgemacht und bereits viele Angehörige verloren.

Franz Leitner ist selbst erst 25 Jahre alt, als er Blockältester wird. Der Sohn eines Werkzeugmachers und einer Hausfrau wächst in einem Arbeiterviertel auf. Als Mitglied im illegalen kommunistischen Jugendverband verhaftet ihn die Gestapo bei Kriegsbeginn und bringt ihn nach Buchenwald. Hier gehört er dem organisierten Widerstand der politischen Häftlinge an.

„Das Phänomen der Solidarität“, erinnert sich Leitner, „war entscheidend. Für die Kinder war die Solidarität besonders groß.“

Minderjährige kommen erst ab 1943 immer häufiger ins KZ Buchenwald, mit den Masseneinweisungen, insbesondere aus Polen und der Sowjetunion. Sie sind besonders gefährdet: harte Zwangsarbeit, unzureichende Nahrung, willkürliche SS-Gewalt. Politische Funktionshäftlinge versuchen, sie zu schützen. Anfangs, im Sommer 1943, sind etwa 160 russische, ukrainische und polnische Jugendliche in Block 8.

Zusammen mit Mithäftlingen bemüht sich Leitner um bessere Lebensbedingungen für die jungen KZ-Gefangenen: Sie beschaffen zusätzliche Lebensmittel, Kleidung, Heizmaterial. Auch medizinische Betreuung und heimlichen Unterricht gibt es.

Ab Sommer 1944 kommen immer mehr jüdische Kinder und Jugendliche mit Räumungstransporten aus dem Osten in Buchenwald an. Viele von ihnen können nach Block 8 verlegen werden. Hier müssen sie keinen Davidstern auf der Kleidung tragen und sind so nicht als Juden zu identifizieren.

Trotz alledem: Nicht alle können gerettet werden, in Buchenwald sterben 1.600 Minderjährige an Entkräftung oder werden ermordet.

Bei einer Gestapo-Razzia gegen den Lageruntergrund werden Franz Leitner und andere kommunistische Funktionshäftlinge im Oktober 1944 festgesetzt. Leitner landet für mehrere Monate in Einzelhaft. Dennoch gelingt es dem Hilfsnetzwerk, die Kinder und Jugendlichen weiter zu schützen; bei der Befreiung befinden sich noch über 370 Minderjährige in Block 8.

Zurück in Österreich gründet Franz Leitner eine Familie und engagiert sich für die Kommunistische Partei: Er wird bis in den Landtag der Steiermark gewählt und ist zwei Jahrzehnte Landesvorsitzender der Partei. 1999 wird er für seinen Einsatz in Block 8 von Israel als „Gerechter unter den Völkern“ ausgezeichnet.


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