Öffnungszeiten Praktische Infos Was ist Wo? Apps Öffentliche Rundgänge Weitere Sprachangebote Barrieren vor Ort FAQ

Felicija Schächter (verheiratet Karay)

„… zwischen Granaten und Gedichten“ (3:25 Min.)

Portraitaufnahme von Felicja Karay
Felicia Karay (1927–2014), 1948.

Transkription

Sprecher:in Ihre Kindheit endet, als die Wehrmacht am 1. September 1939 in Polen einfällt. Die deutschen Besatzer verfolgen die polnischen Juden vom ersten Tag an, richten schon nach wenigen Monaten die ersten Ghettos ein, wo die jüdische Bevölkerung zusammengedrängt und isoliert wird. Felicja Schächter ist eine Schülerin von zwölf Jahren. Wie alle jüdischen Einwohner hätte sie eine Armbinde tragen müssen. Doch ihre Familie flieht aus Krakau. Sie versuchen unterzutauchen, finden aber nirgendwo Unterschlupf. Kehren schließlich in die Stadt zurück. Felicja schmuggelt sich ins Ghetto, wo 15.000 Menschen die Wohnungen von früher 3.000 belegen. 1942 beginnt die Deportation der Bewohner in Vernichtungslager. Felicja ist 15 und gehört deshalb zu denen, die nicht sofort ermordet werden. Die SS bringt sie ins benachbarte Konzentrationslager Plaszów, wenig später in das jüdische Zwangsarbeitslager Skarzysko-Kamienna der Leipziger Rüstungsfirma Hasag. Die Hasag macht gemeinsame Sache mit der SS und behält die jüdischen Zwangsarbeiter auch dann noch, als die gesamte Fabrik in den Leipziger Stammbetrieb verlegt und zum KZ wird. Im Stadtteil Schönefeld entsteht so das größte Frauenaußenlager des KZ Buchenwald. Sie müssen Granaten produzieren. Felicja erinnert sich:

Felicja Karay „Die deutschen Herrscher haben uns alles genommen: die Freiheit, die Jugend, unsere Weiblichkeit, unsere Schönheit …, selbst unsere armselige Kleidung. Tag für Tag marschierten wir in Holzpantinen, in hässlichen grauen gestreiften Kitteln, meist mit kahlrasiertem Kopf zur Arbeit in den Fabriken: Sklavenarbeiterinnen der deutschen Rüstungsindustrie. Stundenlang, bei Matsch und Kälte, mussten wir beim Appell stehen. In der Nacht bissen uns die Läuse und am Tag ätzte uns das Öl von den Maschinen. Wir mussten 8, 10 oder gar 12 Stunden in Tag- und Nachtschichten arbeiten. In den Fabriken hatte die SS verbreitet, wir seien Diebinnen und Prostituierte.

Halbtot standen wir für die tägliche Rübensuppe in der Schlange. Jeder Meister, jede Aufseherin konnte uns jederzeit schlagen oder befehlen, dass uns die Haare abrasiert wurden.“

Sprecher:in Die Lagerleitung kümmert sich nicht darum, was die Frauen in der arbeitsfreien Zeit machen. Es ergeben sich Spielräume in denen auch Felicja aktiv wird:

Felicja Karay „Wir hatten keine Gewehre, keine Handgranaten, um einen Aufstand zu machen. Unser Widerstand sah anders aus: In jedem Lager, in jeder nationalen Gruppe organisierten die Frauen gegenseitige Hilfe und pflegten ihre Kultur. Wir sangen gemeinsam, veranstalteten literarische Abende - an denen manchmal ganz neue Dichterinnen hervortraten - oder Wettbewerbe, wer die beste Satire auf die böse Blockälteste schreibt.“

Sprecher:in Anfang April räumt die SS das Lager und zwingt die Frauen auf einen Fußmarsch. Felicja wird nahe Torgau von amerikanischen Soldaten befreit. Sie wandert 1950 nach Israel aus, studiert Geschichte und arbeitet als Gymnasiallehrerin im Kibbutz Rishon Leziyon. Mit fast 60 Jahren beginnt sie sich wissenschaftlich mit der Geschichte des jüdischen Zwangsarbeiterlagers Skarzysko-Kamienna zu beschäftigen. Sie promoviert und publiziert zu diesem Thema. 2002 gibt sie eine Gedichtsammlung aus dem Frauenaußenlager Leipzig heraus.


var _paq = window._paq = window._paq || []; /* tracker methods like "setCustomDimension" should be called before "trackPageView" */ _paq.push(['trackPageView']); _paq.push(['enableLinkTracking']); (function() { var u="https://matomo.buchenwald.de/"; _paq.push(['setTrackerUrl', u+'matomo.php']); _paq.push(['setSiteId', '1']); var d=document, g=d.createElement('script'), s=d.getElementsByTagName('script')[0]; g.async=true; g.src=u+'matomo.js'; s.parentNode.insertBefore(g,s); })();