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Ernst Thälmann

Im Krematorium erschossen (4:45 Min.)

Portraitaufnahme von Ernst Thälmann
Ernst Thälmann (1886–1944), 1932. Foto: Agence Meurisse.

Transkription

Sprecher:in Thälmann ist tot, meldet die nationalsozialistische Gauzeitung Mitte September 1944; der Vorsitzende der KPD soll am 28. August bei einem Luftangriff auf Buchenwald ums Leben gekommen sein – die Nachricht sorgt unter den Häftlingen für Aufregung, erinnert sich Robert Siewert:

Robert Siewert „Es gab damals kaum einen im Lager, der diesen Schwindel glaubte.“

Sprecher:in Zweifel sind durchaus angebracht: Zum einen, weil der Luftangriff vier Tage früher stattgefunden hat; zum anderen, weil Thälmann nie Häftling in Buchenwald war. Robert Siewert, schon seit 1938 im KZ, hält fest:

Robert Siewert „Es gab nur eine Meinung: Ernst Thälmann ist von den SS-Banditen ermordet worden!“

Sprecher:in Und tatsächlich: Die Gestapo nutzt Buchenwald häufig als Hinrichtungsort – auch für Personen, die nicht im KZ inhaftiert sind. Hier, im rechtsfreien Raum des Lagers, lassen sich Missliebige problemlos beseitigen – ohne juristisches Verfahren, ohne Zeugen und ohne Spuren zu hinterlassen. Die Zahl der so Ermordeten ist unbekannt, nach Schätzungen liegt sie bei über 1.000 Männern und Frauen. Das bekannteste Opfer dieser Exekutionen, im SS-Jargon als „Sonderbehandlung“ bezeichnet, ist zweifellos Ernst Thälmann.

Thälmanns Aufstieg vom Gelegenheitsarbeiter zu einem der prominenten Politiker der Weimarer Republik beginnt nach dem Ersten Weltkrieg. Von der SPD wechselt er über die USPD 1920 zur Kommunistischen Partei, bekleidet zunächst in seiner Heimatstadt Hamburg politische Ämter, zieht aber 1924 in den Reichstag ein. Im Jahr drauf übernimmt er den Vorsitz der KPD und kandidiert erstmals als Reichspräsident – er ist chancenlos, wird aber über die Hansestadt hinaus bekannt.

Als Parteivorsitzender folgt Thälmann Vorgaben aus der Sowjetunion und betreibt die Stalinisierung der KPD: autoritäre Führung durch die Zentrale ersetzt lebendige innerparteiliche Diskussion; Kontrahenten oder Abweichler werden entmachtet oder ausgeschlossen – unter ihnen übrigens auch Robert Siewert.

Politischer Hauptfeind der KPD in der Weimarer Republik bleibt die Sozialdemokratie. Die Arbeiterbewegung ist zutiefst gespalten, ein gemeinsamer Kampf gegen die NSDAP weitgehend verhindert.

Gleichwohl gelingt es – vor allem unter dem Einfluss der Weltwirtschaftskrise – die Anhängerschaft zu vergrößern: Bei der Reichstagswahl im November 1932 erhält die Partei fast 17 Prozent.

Nach der „Machtübernahme“ der Nationalsozialisten wird die KPD zerschlagen, ihre Mitglieder verfolgt, ihr Vorsitzender im März 1933 festgenommen. Moabit, Hannover, Bautzen: über elf Jahre sitzt der KPD-Chef ohne Urteil in Einzelhaft; schließlich wird Ernst Thälmann am 18. August 1944 nach Buchenwald gebracht und im Keller des Krematoriums von einem Kommando der Lager-SS erschossen.

Falschmeldung hin oder her – kommunistische Häftlinge organisieren insgeheim eine Trauerfeier. Die Gedenkrede hält Robert Siewert, der in den Jahren der KZ-Haft wieder auf Parteilinie eingeschwenkt ist. Mitte der 1950er Jahre beschreibt er den hergerichteten Keller des Desinfektionsgebäudes:

Robert Siewert „Der Raum war mit rotem und schwarzem Stoff geschmückt, aus der Gärtnerei des Lagers hatten wir Blumen und Lorbeerbäume herangeschafft. Im Vordergrund des Raumes war ein großes, mit rotem und schwarzem Stoff eingefasstes Thälmann-Bild angebracht. Rechts und links vom Bild waren Pylone aufgestellt, und der in den blechernen Schalen liegende Hartspiritus wurde bei der Eröffnung der Feier angezündet. Es war die einzige Beleuchtung, die jedoch dem Raum ein besonders feierliches Gepräge gab.“

Sprecher:in Wer möchte, kann hier die Anfänge des Personenkultes erkennen, mit dem Thälmann später in der DDR als kommunistischer Märtyrer geehrt wird.

Für einige der Beteiligten hat die Thälmann-Feier auch unmittelbare Konsequenzen: Durch einen Spitzel erfährt die SS von der illegalen Zusammenkunft und lässt mehrere Lagerinsassen verhaften. Auch Robert Siewert landet im Bunker. Über ein halbes Jahr hält die SS ihn dort gefangen; nur wenige Tage vor der Befreiung Buchenwalds wird er zurück ins Lager entlassen.


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