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Éva Fahidi-Pusztai gestorben

Wir werden ihre Klugheit und Herzlichkeit schmerzhaft vermissen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora trauern um eine Freundin.

11.09.2023

Eva Fahidi-Pusztai

Mit großer Trauer haben wir erfahren, dass heute morgen Éva Fahidi-Pusztai, Überlebende der KZ Auschwitz und Buchenwald und engagierte Kämpferin für Demokaratie und die Menschenrechte, nach langer Krankheit in Budapest verstorben ist. Mit ihr verlieren wir eine enge Freundin, die die Gedenkstätte Buchenwald seit Jahrzehnten mit großem Engagement unterstützt hat. Ihre Stimme, voller eleganter Klugheit und eindringlicher Herzlichkeit, wird uns und der Erinnerungsarbeit in Europa fehlen.

Éva Fahidi wurde am 22. Oktober 1925 in Debrecen/Ungarn als Tochter des großbürgerlichen Holzhändlers Desiderius Fahidi und Irma Fahidi geboren. 1933 wurde ihre Schwester Gilike geboren, 1936 konvertierte die jüdische Familie zum Katholizismus. Éva und ihre Schwester besuchten die Klosterschule. Ende der 1930er Jahre wurden in Ungarn immer strengere antisemitische Gesetze eingeführt, die die jüdische Bevölkerung immer stärker aus der Gesellschaft ausschlossen.

Als im Frühjahr 1944 die deutsche Wehrmacht Ungarn besetzte, musste die Familie Fahidi ins Ghetto übersiedeln. Ende Juni wurde die jüdische Bevölkerung der Stadt in einer Ziegelfabrik zusammengetrieben und in mehreren Transporten unter der Leitung von Adolf Eichmann nach Auschwitz deportiert. Im letzten Transport am 27. Juni 1944 wurde auch die Familie Fahidi nach Auschwitz/Birkenau verschleppt. Nach der Ankunft wurde Éva Fahidi von ihrer Mutter und Schwester getrennt, die beide im Gas ermordet wurden. Der Vater starb wenig später an den Bedingungen im Lager. Fast ihre gesamte Großfamilie, insgesamt 49 Personen, fiel der Shoa zum Opfer.

Éva Fahidi, selber als "arbeitsfähig" selektiert, wurde mit weiteren 999 ungarischen Jüdinnen Mitte August 1944 zur Zwangsarbeit in ein Außenlager des KZ Buchenwald transportiert. In Münchmühle, beim hessischen Allendorf, musste sie in der Granatenproduktion für ein Unternehmen der IG Farben arbeiten.

Im März 1945 von amerikanischen Truppen auf einem Todesmarsch befreit, kehrte Éva Fahidi nach Ungarn zurück. Durch die Folgen der schweren Arbeit konnte sie ihren Traum, Pianistin, zu werden, nicht verwirklichen und arbeitete im Außenhandel in Budapest. Nach 1989 gründete sie ein Unternehmen und exportierte Handarbeiten. Als Markennamen wählte sie in Erinnerung an ihre kleine Schwester "Gili", als Logo ein kleines tanzendes Mädchen mit Zöpfen. "Wenn Gili irgendwo lebt und ihr zufällig so eine Handarbeit in die Hände kommen würde, würde sie erkennen, dass es eine an sie gerichtete Botschaft war. Denn seinen Namen vergisst man nicht.", schrieb Éva Fahidi-Pusztai in ihrem Buch "Die Seele der Dinge".

59 Jahre nach ihrer Deportation besuchte sie 2003 erstmals die Gedenkstätte in Auschwitz. Erst danach brach sie ihr Schweigen.

Éva Fahidi-Pusztai engagierte sich in ihrer Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Buchenwald u. a. dafür, dass das Schicksal der jüdischen Frauen nicht in Vergessenheit gerät. Gerade angesichts aktueller gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen, auch in Ungarn, setzte sie sich gegen die Umdeutung der Vernichtung der ungarischen Juden sowie für die Verurteilung letzter noch lebender Täter aus den nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslagern ein.

Sie gehörte dem Häftlingsbeirat KZ Buchenwald an der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora und dem Internationalen Komitee Buchenwald-Dora und Kommandos an. 2012 wurde ihr das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. 2014 wurde sie Ehrenbürgerin von Stadtallendorf, 2020 von Weimar.

Anlässlich der Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2014 sagte sie im Thüringer Landtag:

„Wir sind Großeltern und das Schicksal unserer Enkelkinder ist uns das Wichtigste. Ich selbst bin mit vier Enkelkindern an der Zukunft interessiert. Das Beste, was ich ihnen wünschen kann – wenn es auch noch so utopisch klingt – ist, dass sie sich ein angstloses Leben schaffen. Dass sie sich eine demokratische Gesellschaft erbauen, in der institutioneller Hass unbekannt ist.“

 


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