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Éva Fahidi (verheiratet Pusztai)

„Wir haben uns nicht einmal voneinander verabschiedet.“ (3:24 Min.)

Portraitaufnahme von Éva Fahidi-Pusztai
Éva Fahidi-Pusztai (1925), 2019. Foto: Thomas Müller.

Transkription

Éva Fahidi „Wenn ich als Kind gefragt wurde, was ich mir wünschte, antwortete ich immer, dass ich eine lebendige Puppe haben wollte, mit anderen Worten eine Schwester oder einen Bruder. Acht Jahre musste ich warten. Eines Tages teilte mir meine Mutter mit, dass es bald soweit sein würde...“

Sprecher:in Éva Fahidi und ihre kleine Schwester Gilike wachsen im Osten Ungarns auf einem Gehöft auf. 1936 konvertiert die jüdische Familie zum Katholizismus. Die Schwestern verleben eine glückliche Kindheit. Eva erinnert sich:

Éva Fahidi „Sie war wie ich, nur noch etwas kleiner. Aber es lässt sich trotzdem schon alles Mögliche mit ihr anstellen. Vor allem kann man ihr das Turnen beibringen. Wir machen ständig Vorführungen für die Familie. […] Ich genieße es, immer eine Spielkameradin zu haben.“

Sprecher:in Immer mehr antisemitische Gesetze werden in den 1930er Jahren in Ungarn verabschiedet. Das wirkt sich auch auf die großbürgerliche Familie Fahidi aus. Die junge Éva bekommt davon zunächst wenig mit:

Éva Fahidi „Ich spielte Klavier, turnte und trieb Sport, als lebte ich auf der Insel der Seligen und nicht in einer der letzten friedlichen Enklaven Europas, über die in wenigen Augenblicken genau dieselbe Hölle wie im übrigen Europa hereinbrechen würde.“

Sprecher:in Im Frühjahr 1944 besetzt die deutsche Wehrmacht Ungarn. Die jüdische Bevölkerung wird in Ghettos gezwungen – auch die Fahidis. Drei Monate später transportiert man sie nach Auschwitz. Évas Mutter und die kleine Schwester werden im Gas erstickt, ihr Vater stirbt wenige Wochen später an Entkräftung. Éva wird in Auschwitz-Birkenau ins Frauenlager gebracht. Im August findet eine Selektion statt, bei der sie und 999 andere Frauen für Zwangsarbeit in einer Rüstungsfabrik im hessischen Allendorf ausgewählt werden. Das Außenlager Allendorf gehört zum Verwaltungsbereich des KZ Buchenwald. Hier sind die Bedingungen besser als in Auschwitz. Éva überlebt, mit anderen gelingt es ihr, vom Todesmarsch zu flüchten und sich in einer Scheune zu verstecken, bis die Alliierten kommen.

Éva Fahidi verliert ihre gesamte Familie. Mit dem Verlust ist auch die Lebenswelt ihrer Kindheit untergegangen:

Éva Fahidi „Jetzt im Alter denke ich mit Sehnsucht an das Reich meiner Mutter zurück, an ihre unumstößlichen Regeln, an ihre mütterliche Allmacht, die sie mit Zärtlichkeit, Aufmerksamkeit und Liebe ausübte. Sie organisierte unser Leben. Aber so, dass wir das gar nicht merkten. Die Unwiederbringlichkeit all dessen tut unaussprechlich weh, auch, dass von ihr so gar nichts geblieben ist. […] Die Art, wie ich sie verloren – so anders als unsere Familientradition es vorschreibt, nach der die Familie ihre Alten bis zum letzten Atemzug liebevoll zu Hause pflegt, bis ihre Seele von ihnen geht –, die Art, wie meine Mutter, mein Vater, meine kleine Schwester ums Leben gekommen sind, diese eiskalte Planmäßigkeit, die ich damals nicht einmal durchschaut habe, hat eine Wunde hinterlassen, die auch ein noch so langes Leben nicht verheilen wird. Wir haben uns nicht einmal voneinander verabschiedet.“


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