Maurice Halbwachs wird am 11. März 1877 in Reims geboren und wächst im liberalen bildungsbürgerlichen Milieu von Paris auf. Er studiert Philosophie bei Henri Bergson und schließt die Ecole Normale Superieure (E.N.S.) als Drittbester seines Jahrgangs ab; dort wird er unter dem Einfluss des Bibliothekars Lucien Herr Mitglied der sozialistischen Partei. Nach dem Studium der Rechts- und Sozialwissenschaften und der Mathematik lehrt er ab 1904 in Hannover und Göttingen; er schreibt eine sozialistische Agitationsbroschüre gegen Bodenspekulationen und wird wegen antipolizeilicher Berichterstattung während eines Forschungsstipendiums in Berlin aus Preußen ausgewiesen; in Wien Studien zur deutschen und amerikanischen Soziologie, 1909 Promotion mit einer Untersuchung über den Einfluss der Stadtplanung auf die Bodenpreise in Paris.
Maurice Halbwachs ist einer der wenigen empirisch arbeitenden Soziologen Frankreichs: es entstehen Studien zur Stadtsoziologie und Sozialpsychologie der Arbeiterklasse, Mitarbeit an Durkheims Zeitschrift „Année sociologique“, 1919 erhält er den Lehrstuhl für „Pädagogik und Soziologie“ in Straßburg. Zusammenarbeit mit den Historikern Marc Bloch und Lucien Febvre und dem Psychologen Charles Blondel, seit 1929 Mitarbeit bei der Zeitschrift „Annales“, Arbeiten zur Sozialstatistik, Wahrscheinlichkeitstheorie und Demographie sowie zur Soziologie des Selbstmords, 1925 erscheint seine bahnbrechende Studie über „Das Gedächtnis und seine sozialen Bedingungen“. 1935 wird er an die Sorbonne nach Paris berufen, 1941 erscheint „La topographie légendaire des Évangiles en Terre Sainte. Étude de mémoire collective“ (Die Legendentopografie der Evangelien im Heiligen Lande); das Collège de France beruft Halbwachs im Mai 1944 auf den Lehrstuhl für „Soziologie und Kollektivpsychologie“.
Im Juli 1944 wird Maurice Halbwachs wegen der Widerstandstätigkeit seiner Söhne mit ihnen verhaftet und im August 1944 mit seinem jüngsten Sohn Pierre nach Buchenwald verschleppt. Maurice Halbwachs stirbt am 15. März 1945 im Kleinen Lager.
1950 gibt seine Tochter aus dem Nachlass das nicht abgeschlossene Manuskript „Das kollektive Gedächtnis“ heraus, ein Standardwerk der modernen Gedächtnistheorie.