Erarbeitung der Grundlagen und Dokumentation der Geschichte der Firma J.A. Topf & Söhne

Die Erfurter Firma J. A. Topf & Söhne (gegründet 1878, bis zum Konkurs 1994 als EMS - Erfurter Mälzerei- und Speicherbau tätig) ist ein prominentes Beispiel für die Mittäterschaft der Industrie bei der Vernichtung der europäischen Juden. Seit 1939 belieferte Topf & Söhne die Konzentrationslager Dachau, Buchenwald und Mauthausen mit Krematoriumsöfen. Von der zivilen Praxis der Feuerbestattung in städtischen Krematorien wurde nur der technische Vorgang übernommen und dabei aller kulturellen Traditionen entkleidet. Mit dem Bau von Krematorien reagierten die SS-Bauleitungen der Konzentrationslager auf die hohe Todesrate unter den Häftlingen durch Hunger, Krankheiten, Mißhandlung und Mord. Die Wende zur Mittäterschaft der Firma Topf & Söhne am Holocaust, das heißt an der massenhaften, industriellen Vernichtung menschlichen Lebens, kam 1941. In enger Kooperation mit der SS-Bauleitung in Auschwitz entwickelte Kurt Prüfer, Oberingenieur in der Abteilung Krematoriumsbau bei Topf & Söhne, eine Anlage für Auschwitz-Birkenau mit einer Einäscherungskapazität von täglich 4416 Körpern im Dauerbetrieb. Damit stand der SS eine wesentliche technische Voraussetzung zur Verfügung, um Auschwitz ab 1943 zum Zentrum der Vernichtung der europäischen Juden zu machen. Die Firma installierte auch die Ventilationssysteme in den Gaskammern von Auschwitz. Die Ingenieure und Monteure von Topf & Söhne waren mehrfach vor Ort, um die Baumaßnahmen zu leiten und durchzuführen, und wurden dabei Zeuge von Massentötungen. Einzelne Monteure hielten sich bis zu einem Jahr im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau auf.
 
Das Projekt fragt danach, wie es möglich war, daß Betriebsleiter, Ingenieure und Arbeiter ihr fachliches Können und ihre berufliche Erfahrung scheinbar bruchlos in den Dienst der nationalsozialistischen Verbrechen stellten. Die Geschichte der Firma wird in ihrem industrie- und lokalgeschichtlichen Kontext erforscht. In die wissenschaftliche Aufarbeitung und Dokumentation wird die Verdrängungs- und Erinnerungsgeschichte in Ost- und Westdeutschland nach 1945 einbezogen.
 
Die Mittäterschaft der Firma Topf & Söhne rückte erst in den 90er Jahren ins Licht der Öffentlichkeit. 1993 stieß der britische Historiker Gerald Fleming im Zentralen Staatsarchiv Moskau auf die Protokolle der Verhöre, die Sowjetoffiziere mit den 1946 in der SBZ verhafteten Ingenieuren von Topf & Söhne geführt hatten. Jean-Claude Pressac legte in seinem Buch Die Krematorien von Auschwitz. Die Technik des Massenmordes, München: Piper 1994 Beweise für die Beteiligung der Firma Topf & Söhne am Holocaust vor. In der Stadt Erfurt engagiert sich ein von Bildungsträgern und Einzelpersonen getragener Förderkreis dafür, daß Teile des historischen Ortes, heute eine Industriebrache, für Dokumentations- und Ausstellungszwecke genutzt werden (www.topf-holocaust.de).
 
Eine vom Förderkreis organisierte Vortragsreihe liegt als Publikation vor: Aleida Assmann/Frank Hiddemann/Eckhard Schwarzenberger (Hrsg.), Firma Topf & Söhne – Hersteller der Öfen für Auschwitz. Ein Fabrikgelände als Erinnerungsort. Frankfurt: Campus, 2002.
 
Die Bundesfinanzierung des Forschungsprojektes "Topf & Söhne" zeigt die Bedeutung, die die staatliche Kulturförderung dem vergangenheitspolitischen Engagement in Erfurt gibt. Erstmalig in der Bundesrepublik wird die industrielle Mittäterschaft am Holocaust am Firmenort und damit inmitten der Gesellschaft thematisiert. Für das Polizei- und Verwaltungshandeln leistet dies die Stadt Münster mit dem Geschichtsort Villa ten Hompel (www.muenster.de/stadt/villa-ten-hompel).
 
Die Ergebnisse des Forschungsprojekts werden in einer Ausstellung präsentiert.
Weitere Informationen zur Ausstellung
Techniker der "Endlösung". Topf & Söhne – Die Ofenbauer von Auschwitz, erhalten Sie unter www.topfundsoehne.de
 
 

Kontakt 03643/430138
 
e-mail aschuele@buchenwald.de