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„Jedem das Seine“

Das Lagertor soll die von der SS geschaffene Grenzlinie zwischen nationalsozialistischen „Herrenmenschen“ und „Minderwertigen“ sichtbar herausheben.

Blick auf das weiße Lagertor mit dem von innen lesbaren Schriftzug "Jedem das Seine" in soten Buchstaben
Lagertorinschrift „Jedem das Seine“, 2016. Foto: Claus Bach. ©Gedenkstätte Buchenwald

In der Inschrift des Lagertores des KZ Buchenwald manifestiert sich, was die nationalsozialistische Zerschlagung der Rechtsgleichheit und Menschenwürde bedeutete: „Jedem das Seine“ – ein Ausspruch, der in der römischen Rechtstradition ursprünglich auf Gerechtigkeit abzielte – wird hier in sein Gegenteil verkehrt: die Inschrift steht nun für die brutale Aussonderung von sogenannten Gemeinschaftsfremden aus der nationalsozialistischen „Volksgemeinschaft“, die angeblich aus politischen, sozialen oder biologisch rassistischen Gründen geboten sei.

Dieses Weltbild führte die SS den Häftlingen verhöhnend jeden Tag aufs Neue vor Augen. Der Satz ist nach innen, zum Appellplatz ausgerichtet, in das Lagertor eingelassen. Zudem war er gut lesbar in Rot gehalten. Restaurierungsbefunde belegen, dass die SS den roten Anstrich der nach innen gerichteten Seite bis zur Befreiung jährlich auffrischen ließ, während die nach außen gerichtete Seite nur einmal gestrichen wurde.

Die Gestaltung der Buchstaben durch den dafür vom Lagerkommandanten Karl Koch beauftragten Häftling und Bauhaus-Schüler Franz Ehrlich vermittelt aber auch Eigensinn. Indem Franz Ehrlich die Buchstaben nach typographischen Vorlagen seiner Bauhaus-Lehrer Herbert Bayer und Joost Schmidt formte, schmuggelte er die von den Nationalsozialisten als „entartete Kunst“ verfemte Bauhaus-Moderne in das entwürdigend gemeinte Motto ein. So verteidigte er auf seine Weise dessen ursprünglichen Sinn:

Iuris praecepta sunt haec: honeste vivere, alterum non laedere, suum cuique tribuere.

Die Gebote des Rechts sind folgende: Ehrenhaft leben, niemanden verletzen, jedem das Seine gewähren.

Über die genaue Entstehung der Inschrift berichtete 2009 die Ausstellung „Franz Ehrlich. Ein Bauhäusler in Widerstand und Konzentrationslager”:

„Im Januar 1938 beginnen Häftlinge mit der Schmiedearbeit für das Lagertor von Buchenwald. Die Herstellung der Türpforte verzögert sich, denn die SS will auf der Lagergrenze Worte sehen, die den Ausschluss aus der „rassisch reinen deutschen Volksgemeinschaft” auf den Punkt bringen.

Erst als SS-Bauleiter Riedl die Losung aus Berlin erhält, wird das Tor fertiggestellt. Suum cuique ist dem Lagerkommandanten Karl Koch zwar kein Begriff, aber „Jedem das Seine” in seiner bösartigsten Bedeutung versteht er. Im Lagertor nach innen lesbar angebracht, soll die Inschrift das Recht der SS auf brutale Aussonderung und Ermordung demonstrieren.

Riedl befiehlt Franz Ehrlich und dem technischen Zeichner Ernst Karthoff die Buchstabengestaltung zu entwerfen. Fritz Weißgerber, Vorarbeiter der Schlosserei, berichtet später, er habe für das Tor keine technische Zeichnung, sondern einen Entwurf ohne Maße, das heißt eine künstlerische Gestaltungsvorlage, aus dem Baubüro erhalten. Obwohl mit Inhalt und Form nicht einverstanden – er hatte bereits mit der Anfertigung von Sonnenblumen begonnen –, muss er den Entwurf ausführen. Ein erfahrener Schmied, der politische Häftling Alfred Seidel, fertigt die Buchstaben an.”


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